Harald Klein mit seinen Schützlingen (Foto: (c) Pasquale D'Angiolillo)

"Ari", der deutsche Bürokratiehelfer

Annabell Brockhues   18.08.2015 | 11:23 Uhr

17 Jahre lang hat Harald Klein als Archäologe in der syrischen Wüste Ausgrabungen vorgenommen. Als die ersten Flüchtlinge aus Syrien in die Gemeinde Quierschied kamen, wollte Klein etwas an die Syrer zurückgeben, was er jahrelang erfahren hat: Gastfreundschaft.

Als Klein das erste Mal Ende der 70er-Jahre zu Beginn seines Archäologiestudiums in die syrische Wüste zwischen Euphrat und Tigris kam, hat ihn der Orient gepackt. 17 Jahre lang lebte er zwei bis drei Monate lang in dem Land, nahm Ausgrabungen vor. Um die Ausgrabungsstätte herum baute er ein kleines Dorf auf. „Wir haben es sogar geschafft, Bäume zu pflanzen und großzuziehen, mitten in der Wüste.“ Für viele Beduinen waren der Archäologe und sein Team die einzige Möglichkeit, als Hilfsarbeiter Geld zu verdienen.

Aus Harald wird "Ari"

Für die Beduinen war Harald Klein „Ari“ – das weiche „H“  konnten sie nicht aussprechen, es glich mehr einem kratzigen „Ch“, erzählt der ehemalige Archäologe heute. Wer 17 Jahre regelmäßig an einen Ort zurückkehre, gehöre auch irgendwann zu den Familien dazu, sagt er. Ein Wächter passte das Jahr über auf das Haus der Archäologen auf. Zu ihm hat Klein noch heute Kontakt. Nur ist dieser Wächter jetzt nicht mehr in dem kleinen Ort in der Wüste zwischen Euphrat und Tigris, sondern irgendwo an der türkischen Grenze auf der Flucht.

Flüchtlingshelfer Harald Klein (Foto: Harald Klein)
Flüchtlingshelfer Harald Klein

Denn in Syrien ist seit Anfang 2011 Krieg. Nachdem der „Islamische Staat“ den ehemaligen Ausgrabungsort von Klein und seinen Kollegen besetzt hatten, ist nichts mehr übrig. Das Dorf wurde bombardiert mit der Absicht, dem IS zu schaden. Auf Fotos, die Klein von Freunden aus Syrien bekommen hat, sind nur noch zusammengestürzte Mauern zu sehen, ein verwüstetes Archiv, umgestürzte Bäume.

"Mein Haus ist dein Haus"

Mit dem Bürgerkrieg kamen auch die ersten syrischen Flüchtlinge nach Deutschland, ins Saarland, in die Gemeinde Quierschied. Und hier treffen sie auf „Ari“, der ihnen etwas von der Gastfreundschaft zurückgeben will, die er Ende der 70er-Jahre zum ersten Mal erfahren hat: „Man sagt in Syrien ‚Mein Haus ist dein Haus‘ – und so kann man sich auch fühlen, wie zu Hause.“ In Deutschland hingegen sei man immer nur zu Besuch.

Harald Klein ist ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer. [Video, SR-online, 18.08.2015, Länge: 3:30 Min.]

Als Rentner hat der ehemalige Sachgebietsleiter im Bereich Unternehmensplanung beim Saarländischen Rundfunk nun Zeit, sich ehrenamtlich um die Flüchtlinge zu kümmern. Hauptsächlich hilft Klein den Flüchtlingen dabei, Formulare auszufüllen und übersetzt – beim Sozialamt in Saarbrücken oder beim Jobcenter in Sulzbach. „Sonst sind sie ganz verloren in der deutschen Bürokratie“, sagt Klein.

Gastfreundschaft gegen Gastfreundschaft

Aber das ist nicht das Einzige, was Klein für die Flüchtlinge tun kann. Er kann mit ihnen reden, sich ihre Schicksale und Erlebnisse anhören. Er kann ihr Leid und die Liebe zu ihrem Heimatland nachvollziehen. Und er kann ihnen helfen, Syrien ein Stück weit in Deutschland zu bewahren mit der arabischen Sprache und arabischem Essen – „denn das ist das Einzige, was sie noch haben.“

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