?Ein Nachruf?

„Hasengespräche“

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 28.03.2024 16:45 Uhr

Nr. 981

Nicht dass Sie denken, ich wollte Ihnen die Ostereier miesmachen. Im Falle, dass Sie sich für die Billigstprodukte aus dem Supermarkt entschieden haben, ist das auch unnötig: Die sind mies. Zumindest für die Produzentinnen, die unter hühnerunwürdigen Bedingungen ihr Dasein fristen müssen, damit unsere Nester nicht leer bleiben.

„Moment!“, höre ich da rufen, „Einwand! Ostereier! Die sind nicht von Hühnern gelegt. Sondern vom Osterhasen. Weiß doch jedes Kind.“ Ja. Aber die meisten Kinder werden irgendwann erwachsen und stellen im Laufe dieses Prozesses fest, dass Hasen keine Eier legen. Weder zu Ostern noch zu Weihnachten oder Pfingsten. Und da wir gerade beim Aufräumen sind: Malen tun sie auch nicht. Wenngleich ich mir das noch eher vorstellen könnte, als die leporide Eiablage. Ich erinnere nur an die jüngst verstorbene Sau Pigcasso, deren Bilder exorbitante Preise erzielt haben.

Bleibt aber doch die Frage: Warum keine Osterhenne? Kann definitiv Eier legen und krallentechnisch auch leichter den Pinsel halten. Und ist auch niedlich. Es scheint zudem, als sei der Hase nur dank eines Übersetzungsfehlers überhaupt in das heilige österliche Geschehen gehoppelt. Zwei biblische Erwähnungen nämlich kann sich Meister Lampe auf die Löffel tätowieren: In Psalm 104 heißt es: „Dem Häschen bieten die Felsen Zuflucht“ und in den Sprüchen, 30 wiederum erfährt man: „Hasen sind ein Volk ohne Macht / und doch bauen sie ihre Wohnung im Fels“. Beides Quatsch, weil Hasen sich nur ungern auf Felsen tummeln und schon gar nicht zum Zwecke des Wohnungsbaus.

Aber die korrekte Übersetzung des hebräischen Wortes an dieser Stelle hätte eben „Klippschliefer“ gelautet. Ein moppeliges Tierchen, das zwar im Fels wohnt, aber auch weder Eier legt noch bemalt und hierzulande auch gar nicht anzutreffen ist, weil fremdländischen Geblüts. Sowas kommt uns nicht an die Eier! Ebensowenig wie der Kaninchennasenbeutler, den uns die Australier ins Nest legen wollen. Nix da: Deutsch ist der Hase – von Blume bis zur Nase. Ersterwähnung 1682 in der Promotionsschrift des Mediziners Johannes Richier mit dem schönen Titel: „De ovis paschalibus – von Oster-Eyern“.

Die gewaltige Popularität des österlichen Rammlers verdankt sich allerdings einer doch eher profanen Tatsache: Die billige industrielle Herstellung von Rübenzucker ermöglichte die Überflutung des Marktes mit Schokohasen. Mit und ohne Goldfolie und Glöckchen. Aber natürlich geht das alles am wahren Kern des Osterfestes vorbei, sagen die kirchlichen Experten. Osterhase ist Aberglaube.

Ganz im Gegensatz zu der Geschichte von Jungfrauengeburt, Weinverwandlung, Kreuzigung und Auferstehung. Man möchte den ollen Lessing zitieren: „Der Aberglauben schlimmster ist, den seinen für den erträglicheren zu halten.“ Meine traditions-affine Nachbarin Barscheck gebietet mir an dieser Stelle Einhalt! Weitere Spötteleien über die christlichen Sitten und Gebräuche ,droht sie, würden mit Eierlikörentzug und Unterverschlussnahme ihres Knickebein-Eier-Vorrates geahndet. Da sei der große Hoppler vor!

Im übrigen: Der Autor der oben zitierten biblischen Sprüche scheint selbst mir eine Art früher Forrest Gump von großer Weisheit gewesen zu sein. Heißt es dort doch gegen Ende: „Wenn man Milch schlägt, gibt es Butter; schlägt man die Nase, kommt Blut heraus; und reizt man den Zorn, dann gibt es Streit!“ Wie wahr. Und, möchte man ergänzen: Trinkt man zuviele Eierliköre, dann: Knickebein. Frohe Ostern Ihnen allen.


Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 28.03.2024 und in "Der Morgen" am 29.03.2024 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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