Jürgen Doberstein (Foto: Emmanuel Schneider)

„Jetzt ist alles anders“

Emmanuel Schneider   29.11.2015 | 08:00 Uhr

Der  Boxprofi Jürgen Doberstein kämpft nach über einem Jahr wieder in seiner saarländischen Heimat. Am 5. Dezember boxte der 26-Jährige in der Saarlandhalle gegen Ruben Eduardo Acosta um den WBA-Intercontinental-Titel. Im Interview mit SR.de erklärte Doberstein, wieso er seinen Boxstil verändert hat und warum dieser Kampf so besonders ist.

Mit Aggressivität zum neuen Titel - Lokalmatador Jürgen Doberstein steigt wieder in den Ring: Am 5.Dezember ging es für den Saarländer um einen Titel: den WBA-Intercontinental-Gürtel im Supermittelgewicht. Nach zwei Siegen gegen zwei eher schwächere Gegner erwartete den „Dobermann“ wieder ein anspruchsvolleres Kaliber – dennoch ging der Saarländer leicht favorisiert in den Kampf.

Gegner Ruben Eduardo Acosta ist elf Jahre älter und elf Zentimeter kleiner als Doberstein. Auf 31 Siege kommen bei dem Argentinier zwölf Niederlagen und fünf Unentschieden (Doberstein 19-2-1). Auf der unabhängigen Weltrangliste liegt Acosta auf Platz 51, Doberstein auf Nummer 41. In den vergangenen sechs Wochen bereitete sich Doberstein in Miami mit seinem kubanischen Trainer Pedro Diaz intensiv auf den Kampf vor. Kurz nach seiner Rückkehr aus Florida nahm sich Doberstein Zeit für ein Interview mit SR.de.

SR.de: Herr Doberstein, Sie kommen frisch zurück aus dem Trainingslager in Miami, wie anstrengend war es?

Jürgen Doberstein: Es war sehr, sehr anstrengend. Es ist eigentlich pure Quälerei, was wir dort machen (lacht). Wir haben sehr hart trainiert, zweimal am Tag. Meine kubanischen Sparringspartner waren stark.

SR.de: Worauf lagen die Prioritäten in der Vorbereitung?

Doberstein: Mein Trainer hat sich die Kämpfe angeschaut von meinem Gegner. Dann hat er versucht, die Sachen durchzusetzen, die mir für den Kampf gegen ihn helfen sollen. In den ersten Wochen habe ich viel Krafttraining gemacht - später dann viel Sparring und viele Läufe. Wir machen in der Vorbereitung alles, was wichtig ist für den Kampf, so dass ich am Ende gut vorbereitet bin für zwölf Runden.

SR.de: Seit März trainieren Sie unter Pedro Diaz. Was konnte er Ihnen konkret Neues beibringen?

Doberstein: Seitdem ich mit ihm zusammen trainiere, haben sich viele Dinge verändert. Meine Einstellung hatte ich aber schon geändert, bevor ich zu ihm gegangen bin. Ich will aggressiver boxen und wenn es möglich ist, die Kämpfe frühzeitig beenden, damit die Punktrichter nicht mehr entscheiden müssen. Genau das habe ich in den letzten zwei Kämpfen gemacht. Wir trainieren so, dass ich viel aggressiver boxen kann. Es ist insgesamt alles anders. Sowas hab ich noch nicht gesehen. Ich trainiere unter ihm nicht nur, was ich gut kann, sondern auch vieles, was ich nicht so gut konnte, zum Beispiel auch die Nahdistanz. Vorher hab ich nur aus der langen Distanz geboxt.

SR.de: In den nächsten Kämpfen wollen Sie also mehr auf K.o.-Siege gehen?

Doberstein: Man kann nicht davon ausgehen, den Gegner jedes Mal K.o. zu schlagen. Aber wenn ich die Möglichkeit habe, dann will ich es auch versuchen. Für mich steht an erster Stelle zu gewinnen und zu überzeugen. Vorher wollte ich vor allem den Gegner unter Kontrolle haben und ihn nicht unbedingt K.o schlagen. Aber jetzt ist alles anders.

SR.de: Haben Sie eine spezielle Taktik für den Kampf am Samstag?

Doberstein: Ich habe so trainiert, dass ich für alles im Ring bereit bin.

SR.de: Wie schätzen Sie ihren Gegner Acosta ein?

Doberstein: Er ist südamerikanischer Meister. Er ist auf keinen Fall zu unterschätzen, hat sehr viel Erfahrung und schon gegen Weltklasse-Leute geboxt. Unter anderem gegen Robert Stieglitz. Es wird ein harter Kampf.

SR.de: Acosta ist wieder ein kleinerer Gegner, versprechen Sie sich Vorteile davon?

Doberstein: Es ist meistens so, dass meine Gegner etwas kleiner sind. Aber ich habe auch schon Größere geboxt. Vorteil oder Nachteil, das spielt für mich jetzt keine wichtige Rolle. Groß oder klein – egal, ich will gewinnen.

SR.de: Wie sieht Ihre Planung bis zum Kampf aus?

Doberstein: Diese Woche habe ich noch zweimal am Tag Training. Ab nächster Woche nur noch einmal täglich Training, dann gehen wir ein bisschen mit dem Tempo runter. Jetzt kommt die Erholungsphase nach dem Trainingslager in Miami und ich muss noch Gewicht abnehmen.

SR.de: Bei den beiden vergangenen Kämpfen ging es um keine Titel. Wie besonders ist es für Sie, wieder um einen richtigen Titel zu kämpfen?

Doberstein: Dieser Titel steht viel höher als alle anderen Titel, um die ich bisher geboxt habe. Das ist überhaupt nicht zu vergleichen. Deswegen sollte man auch nicht immer über die Vergangenheit reden. Nach der Niederlage im Februar habe ich schon wieder zwei Kämpfe gemacht und beide durch K.o gewonnen. Es geht jetzt um den Kampf am Samstag. Ich kämpfe um den größten Titel meiner Karriere, einen der WBA, einer der anerkannten Weltverbände.

SR.de: Wie sehr juckt es Sie, einen der ganz großen Titel anzugreifen?

Doberstein: Ich konzentriere mich nur auf den anstehenden Kampf. Mein großes Ziel ist es, Weltmeister zu werden. Ich kämpfe am Samstag um den WBA-Titel, und um weiterzukommen brauche ich erstmal diesen Titel.

SR.de: Bisher hat es zu dem ganz großen Wurf noch nicht gereicht. Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Ihnen die Zeit wegrennt?

Doberstein: Nein überhaupt nicht. Es ist alles eine Frage der Zeit. Und meine Zeit muss jetzt kommen. Ich habe ein gutes Team, einen guten Trainer, es ist alles sehr professionell. Obwohl ich im Januar schon 18 Jahre trainiere, habe ich das Gefühl, immer noch am Anfang zu stehen.  Es geht doch auch nach vorne und am Samstag um einen größeren Titel. Und die meisten erfolgreichen Boxer in meiner Gewichtsklasse sind über 30.

SR.de: Was haben Sie aus der knappen Niederlage im Februar gelernt?

Doberstein: Genau wie ich schon gesagt habe: Wenn ich den Kampf vorzeitig beenden kann, sollte ich das machen und nicht den Punktrichtern die Entscheidung überlassen. Deswegen trainiere ich viel härter und lege auf andere Sachen mehr Wert als früher.

SR.de: Es ist genau ein Jahr her, dass Sie zuletzt im Saarland im Ring standen. Wie groß ist die Vorfreude, im „Wohnzimmer“ zu boxen?

Doberstein: Es ist etwas ganz Besonderes dort zu boxen. Zuhause ist es am besten. In der kommenden Woche habe ich noch ein paar Termine und Autogrammstunden. Darauf freue ich mich. Ich habe in den letzten Wochen sehr hart gearbeitet, jetzt kommt die letzte Woche – die ist auch deutlich angenehmer. 

Vielen Dank für das Gespräch.

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